Eine Woche Handwerk erlebten Zehntklässler des Hochrhein-Gymnasiums während ihres Praktikums in der Bildungsakademie Waldshut. In der Metallwerkstatt haben Berivan Duran, Matilda Friedrich, Mohammad Wahajzada, Lisa Moreau, Rina Huber und Erik Ahlfinger einen Tischgrill gefertigt.
Handwerkskammer Konstanz
Eine Woche Handwerk erlebten Zehntklässler des Hochrhein-Gymnasiums während ihres Praktikums in der Bildungsakademie Waldshut. In der Metallwerkstatt haben Berivan Duran, Matilda Friedrich, Mohammad Wahajzada, Lisa Moreau, Rina Huber und Erik Ahlfinger einen Tischgrill gefertigt.

Die Leidenschaft fürs Handwerk wecken

Bildungsakademie Waldshut bietet erstmals Schulpraktikum für Gymnasiasten an

Sie polstern, sägen, nähen und malen – und nach fünf Tagen haben sie einen gepolsterten Sitz, ein Türschild und einen Grill angefertigt. Die Rede ist hier nicht von Fachkräften aus verschiedenen Handwerksberufen, sondern von Zehntklässlern des Hochrhein-Gymnasiums in Waldshut. Im Rahmen von Bogy, der Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien, haben sie ein Praktikum an der Bildungsakademie Waldshut absolviert. Das Motto der Woche: Auf Tuchfühlung mit dem Handwerk. „Wir wollen den Schülern zeigen, dass die Arbeit mit den eigenen Händen viel Spaß machen kann und das Handwerk zahlreiche Karrieremöglichkeiten bietet“, sagt Katharina Bücheler, stellvertretende Leiterin der Bildungsakademie.

Es ist das erste Schuljahr, in dem Gymnasiasten an der Bildungsakademie in verschiedene Handwerksberufe hineinschnuppern. In Baden-Württemberg ist das Projekt, das unter dem Namen „ProBerufGym“ vom Landesministerium für Wirtschaft und Finanzen gefördert wird, ein echtes Novum. „Wir sind landesweite Vorreiter“, sagt Katharina Bücheler.

Schüler überrascht von Vielfalt des Handwerks

Und die Resonanz fällt durchweg positiv aus: „Unsere Schüler sind immer hellauf begeistert“, berichtet Bücheler. Das bestätigen auch die Zehntklässler, die an diesem Aprilmorgen in der Metallwerkstatt arbeiten. Einer von ihnen ist Erik Ahlfinger. Gerade reißt der 16-Jährige auf großen Blechen, die später zur Grillschale werden, Maße auf. Dass ihm die handwerkliche Arbeit so gut gefällt, hätte er selbst nicht gedacht. „Ich bin einfach geschickter darin, mit meinen Händen zu arbeiten, als am Schreibtisch große Pläne zu machen“, sagt er. „Dadurch fühlt sich das Praktikum hier ein bisschen wie Ferienlager an.“

Ähnlich geht es seiner Klassenkameradin Matilda Friedrich. Sorgfältig feilt die junge Laufenburgerin die Schnittkanten der Bleche ab. Immer wieder unterbricht sie das Gespräch, um sich ganz auf die Arbeit zu konzentrieren. Handwerk liegt ihr, das weiß sie. „Ich kann mir gut vorstellen, später handwerklich zu arbeiten.“ Allerdings will sie unterrichten, eine Stelle an der Berufsschule wäre für sie gut vorstellbar.

„Das Handwerk muss sich nicht verstecken“

Aber nicht alle Schüler können sich eine Ausbildung im Handwerk vorstellen. Berivan Duran aus Waldshut-Tiengen will nach der Schule beispielsweise ein Design-Studium aufnehmen. Trotzdem hat das Praktikum in der Werkstätten der Bildungsakademie Eindruck hinterlassen. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Arbeit im Handwerk so kreativ sein kann“, sagt sie.

Es sind Eindrücke wie diese, weswegen Katharina Bücheler sich für das Gymnasialpraktikum stark macht. „Das Handwerk muss sich nicht verstecken. Im Gegenteil: Wir können es locker mit anderen Berufen aufnehmen“, betont sie. Schülern in der Berufsfindungsphase die Chancen und die Vielfältigkeit des Handwerks offen zu legen, das ist ihr Ziel. Dass Schülerpraktika dabei eine entscheidende Rolle spielen, weiß Bücheler bereits. Jedes Jahr gibt sie rund 800 Schülern die Möglichkeit, in der Bildungsakademie Waldshut das Handwerk kennenzulernen. Und die Arbeit trägt Früchte: „Mittlerweile kommen regelmäßig Schüler zu unserer überbetrieblichen Ausbildung, die erzählen, dass sie schon in der achten Klasse zum Praktikum hier waren.“

Einladung ins Landesministerium

Büchelers Engagement zieht indes Kreise: Im Mai ist die junge Frau als Referentin in das Landesministerium für Finanzen und Wirtschaft in Stuttgart geladen. Im Referat für berufliche Ausbildung wird sie anderen Trägern, wie der IHK und Berufsbildungszentren, Schulleitern und Ministeriumsvertretern von ihren Erfahrungen mit „ProBerufGym“ berichten.

„Es wäre schön, wenn es uns gelingt, das Praktikum im Handwerk als festen Bestandteil an Gymnasien einzugliedern“, sagt Bücheler. „Damit unterstützen wir nicht nur die Schüler bei der Berufsfindung, sondern können im Idealfall auch die eine oder andere Leidenschaft für das Handwerk wecken.“