Neun Flüchtlinge lernen an der Bildungsakademie Singen das Handwerk kennen. Unter Anleitung von Dozent Peter Anwander (dritter von links) fertigen sie in der Metallwerkstatt ein Schlüsselkästchen.
Handwerkskammer Konstanz
Neun Flüchtlinge lernen an der Bildungsakademie Singen das Handwerk kennen. Unter Anleitung von Dozent Peter Anwander (dritter von links) fertigen sie in der Metallwerkstatt ein Schlüsselkästchen.

Flüchtlinge lernen an der Bildungsakademie Singen das Handwerk kennen

Neue Heimat Handwerk?

Eines ist für alle das Wichtigste: endlich wieder arbeiten zu können. Deswegen kann es den Flüchtlingen gar nicht schnell genug gehen. "Kaum haben sie einen Arbeitsschritt verinnerlicht, wollen sie schon den nächsten lernen", sagt Peter Anwander. Er ist Dozent für Metallbau und betreut neun Flüchtlinge, die seit Mai an der Bildungsakademie Singen das Handwerk kennenlernen.

Dahinter steckt das bundesweite Projekt "Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk", kurz PerjuF-H. Finanziert von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter lernen Flüchtlinge hier nicht nur verschiedene Berufe kennen, sondern können auch ihre Deutschkenntnisse verbessern, erhalten Hilfe bei Bewerbungsschreiben und können ein Praktikum in einem Betrieb absolvieren.

Flüchtlinge lernen im Projekt PerjuF das Handwerk kennen

In ganz Deutschland wurden für das Projekt bislang 500 Plätze geschaffen, zwölf davon an der Bildungsakademie Singen. Damit ist die Einrichtung der Handwerkskammer Konstanz derzeit der einzige Anbieter von PerjuF-Handwerk in Baden-Württemberg. Im Sommer startet das Projekt auch an der Bildungsakademie Waldshut.

"Momentan läuft das Projekt noch etwas schleppend an", sagt Karin Marxer, Leiterin der Bildungsakademie. Grund hierfür seien die teilweise noch mangelhaften Deutschkenntnisse von Flüchtlingen. Marxer ist sich aber sicher, dass sich dieser Umstand bald ändern werde. "Viele Flüchtlinge wollen ja arbeiten, für die ist PerjuF-Handwerk eine große Chance."

Teilnehmer sind hochmotiviert

Wie groß die Chance für Flüchtlinge ist, wird in der Metallbau-Werkstatt deutlich. Hier fertigen die Teilnehmer unter Anleitung von Dozent Peter Anwander gerade ein Schlüsselkästchen. "Es ist wirklich toll, zu sehen wie motiviert unsere Teilnehmer sind", sagt er. "Ich muss sie nie dazu auffordern, etwas zu tun. Im Gegenteil - ich muss sie immer eher bremsen." In den vergangenen Tagen haben sie bereits eine Standuhr und Kleiderbügel hergestellt.

Neben diesen handwerklichen Einheiten, werden die Flüchtlinge in den kommenden Tagen auch auf das deutsche Bewerbungsverfahren vorbereitet, denn als Abschluss des Projekts schnuppern sie innerhalb eines zweiwöchigen Praktikums echte Handwerksluft in einem Betrieb. Die Vorfreude auf eine Ausbildung, beziehungsweise einen Job ist Handwerk, ist bei allen groß. Denn wenn sie auch diese Hürde genommen haben, sind sie ihrem Ziel, endlich richtig in Deutschland anzukommen, wieder ein Stück näher.

Stimmen der Flüchtlinge

Ahmad Bagheri, 27 Jahre, Iran
Handwerkskammer Konstanz
Ahmad Bagheri, 27 Jahre, Iran
"Ich komme jeden Tag gerne zu unserem Kurs an der Bildungsakademie. Hier kann ich viel lernen und komme auch mal aus der Unterkunft raus. Im Iran habe ich auf dem Bau gearbeitet - mit Zement und Beton. Hier würde ich gern eine Ausbildung zum Goldschmied machen. Die Arbeit mit Metall liegt mir zwar, aber noch lieber arbeite ich mit kleinen Dingen. Für die Chance, die ich hier bekomme, bin ich sehr dankbar."
Ahmad Bagheri, 27, aus dem Iran



Bahman Pirmoradi, 23 Jahre, Iran
Handwerkskammer Konstanz
Bahman Pirmoradi, 23 Jahre, Iran
"Im Iran habe ich Motorräder repariert, hier will ich eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker machen. Der Kurs an der Bildungsakademie ist eine tolle Möglichkeit, dazuzulernen und Kontakte zu knüpfen. Mein großer Traum wäre es, auch den Meister zu machen und irgendwann eine eigene Werkstatt zu haben. Aber bis dahin dauert es noch etwas."
Bahman Pirmoradi, 23, aus dem Iran



Khaled Alkassar, 22 Jahre, Syrien
Handwerkskammer Konstanz
Khaled Alkassar, 22 Jahre, Syrien
"Ich habe drei Jahre Englisch auf Lehramt studiert. Um Geld zu verdienen, habe ich im Sommer oft als Stahlbetonbauer gearbeitet. Mein Wunsch wäre es, auch hier in diesem Beruf arbeiten zu können. So könnte ich Geld für meine Eltern verdienen. Sie sind beide krank und leben noch in Syrien. An dem Projekt der Bildungsakademie gefällt mir nicht nur die Arbeit, sondern auch der Zusammenhalt untereinander. Es ist fast wie eine zweite Familie."
Khaled Alkassar, 22, aus Syrien